CAMERON TERMINATOR "Every time I start a film I have a fantasy that it will be like a big family and we'll have all of these wonderful, crea- tive moments together. But that's not what filmmaking is. It's a group of humans fighting against the tendency of the univer- se to become disorganized. Entropy is there every day and you 're struggling to make something out of it. Yeah, it's a war." James Cameron. In seinen erkenntnistheoretischen Filmen 'The terminator' und 'Terminator 2 - judgement day' beweist Cameron, daþ eine po- tentielle Zukunft nur anbrechen kann, wenn es ihr m–glich ist, Zeichen zur¸ckzusenden. Die Vergangenheit, die diese Zeichen empf”ngt und entziffert, kann die Zukunft realisieren, indem sie angemessen auf die empfangenen Botschaften reagiert. Jede Zukunft ist im Jetzt anwesend, ist aber nur f¸r wenige erkenn- bar. Alles, von V–lkermord bis Modetrend, kann zur¸ckverfolgt werden zu einer Person, die als erste das Zeichen der zuk¸nf- tigen Entwicklung aufgefangen hat und sich nicht davor scheu- te, eine Kettenreaktion, die in die Katastrophe oder die hype f¸hren w¸rde, auszul–sen. Die Zukunft ist eine Sammlung M–g- lichkeitsr”ume, die ge–ffnet, aber auch vorzeitig abgesperrt werden k–nnen. Camerons Terminatorfilme bilden einen H–he- und Endpunkt der Atom”ra. Der Kalte Krieg begann 1947, mit den ersten Kernwaf- fentests ¸ber Bikini - Operation Crossroads. Zu diesem Anlaþ hatte die amerikanische Armee 42. 000 Journalisten, Wissen- schaftler und Russen auf 250 Schiffen und in 150 Flugzeugen in das Atollgebiet transportiert, um den Pilz und seine Effek- te zu beobachten und weltber¸hmt zu machen. Von der ersten Se- kunde an war die atomare Abschreckung ohne Medien undenkbar. Das Atomzeitalter f”llt mit dem Medienzeitalter zusammen. Die Journalisten waren nach dem entt”uschenden - denn auf zu groþe Distanz - Pilz nicht mehr von dem unsichtbaren fall-out impo- niert. In ihre Reportagen schafften sie es, die willk¸rliche Strahlungsangst, die sich nach Hiroshima und Nagasaki ¸ber die ganze Welt verbreitet hatte, in das kollektive Unterbewuþtsein zur¸ckzudr”ngen. Nach Crossroads entstanden die Bikinimode und das Ph”nomen 'Sexbombe'. Als in den siebziger Jahren das Ende des Kalten Krieges seine Schatten vorauswarf, nahm er die Urgestalt des apokalyptischen Klischees an. Das Schluþkapitel des totalen Friedens w¸rde mit dem nuklearen Holocaust zusammenfallen. Um die Kettenreaktion anzukurbeln, wurde die verdr”ngte Strahlungsangst zur¸ckgeru- fen, indem man an die Gesundheit der B¸rger appellierte. Die abstrakte Abschreckung wurde konkretisiert, indem man sie als wichtigste Bedrohung f¸r das k–rperliche Wohlbefinden dar- stellte. Eine konzentrierte Beobachtung der Medien w¸rde die Zuschauer rechtzeitig dar¸ber informieren, ob die weltpoliti- sche Situation dermaþen labil wurde, daþ sie sich in die Kel- lern begeben sollten oder auf die Straþen, um den Frieden de- monstrativ zu retten. Der Fernsehfilm 'Der Tag danach'(1983) er–ffnete dem Weltpublikum erneut das Strahlungsparadigma. Der Untergang war schon seit Jahren Quelle der Inspiration f¸r punk und underground, nach dem Motto:man kann sich r–sten las- sen oder Widerstand leisten. 'Der Tag danach' pervertierte den Weltbrand, indem er dazu aufrief, Vertrauen in die Vernunft der Weltregierung zu haben. 'The terminator' von 1984 wollte von Kompromissen nichts wis- sen und war der postindustrielle, no-future Film schlechthin. Bei ihm m¸ndete die Angst vor neuer Computertechnik in einem Aufruf zum Widerstand. W”hrend das Friedensdenken k¸nftiger Gewalt mittels heutigem Verantwortungsbewuþtseins vorbeugen wollte, deutete T1 an, daþ jetzt Gewalt notwendig ist, um k¸nftigen Widerstand organisieren zu k–nnen. F¸r 'The terminator' war es v–llig selbstverst”ndlich, daþ das Ende des Kalten Krieges mit dem nuklearen Schlachtfeld zusammemfallen w¸rde. Nur w¸rden weder Ost noch West als Sieger herauskommen, sondern beide w¸rden gegen die Technik verlieren. "The defense network computers will threaten all people, not just the ones from the other side." Anders als in 'Der Tag danach' gab es in Camerons Film keine Politik. Die Einzelnen muþten um das eige- ne Ðberleben k”mpfen und konnten keine Macht an Regierung und Medien delegieren, die selbst schon die Verf¸gungsgewalt an die computer, die den Atomkrieg ausl–sen sollten, ¸bergeben hatten. Als Film best”tigte 'The terminator', daþ der Kalte Krieg rein medial war und auf einer imagin”ren Ebene ausgetragen wurde. - Eine der Waffen, die w”hrend der Abschreckung am erfolgreich- sten eingesetzt wurde, war das Zukunftsbild. Im Jetzt passier- te nichts und das Einzige, das passieren konnte, war der Weltuntergang. Die Idee, der Kommunismus k–nne implodieren, ohne die ganze Welt mitzuschleppen, war bis 1989 undenkbar. T1 besch”ftigte sich damit, was nach dem Armageddon passieren w¸rde und welche Vorbereitungen man jetzt treffen m¸sse. "The final battle will be fought here, in our present, tonight. " Das Zukunftsbild des T1 war eine M¸llkippe, auf der die menschlichen Ðberreste den programmierten killer cyborgs - von innen Stahl, von auþen 'living human tissue' - fast unterla- gen. Die terminals sind terminator geworden. Sie machen den Mensch nicht nur ¸berfl¸ssig, sondern vernichten ihn aktiv. In dieser Zukunft von 2027 findet eine heroische Guerilla der 'human resistance', unter der F¸hrung eines gewissen Herrn John Con- nors, statt. Ob der Mensch gegen Maschine gewinnt oder zugrun- de geht, sagt der Film nicht. Der Widerstand gegen die Technik bezweckt nicht H–heres, er m–chte sich nur eine Weile durch- setzen. Schon 1984 sollte der k¸nftige, menschliche Widerstand von der einzigen Person, die die Zeichen der Zukunft ernstnahm, erk”m- pft werden:Die k¸nftige Mutter John Connors. Terminator 1 kombinierte die technohype mit der postatomaren Kondition. Sa- rah Connor, die Mutter, entpuppte sich am Ende des Films als geheime Sozialistin:sie wuþte, daþ sie f¸r den J¸ngsten Tag, wenn der Widerstand losgehen w¸rde, einsatzbereit sein sollte. Ihr Sohn hatte durch einen Botschafter aus der Zukunft wissen lassen:"the future is not set. You must survive, or else I will never exist. "Und so reiste Sarah, zukunftsschwanger, ab in den aufr¸hrerischen S¸den, den Hinterhof der VS, wo sich zu der Zeit ein low-intensity war abspielte. T1 faþte das sp”tatomare Lebensgef¸hl der achtziger Jahren als d¸stere Gassen zwischen brachliegendem postmechanischen M¸ll, bev–lkert von besoffenen Pennern, junks und agressiven Mode- punks, schwelendem Teer, rostenden Installationen, gellenden Sirenen, Gewaltsexplosionen, endlosen N”chten ohne D”mmerung, funkenden elektrischen Kreisen, schwerer st”dtischen Bewaff- nung, ¸blem Fluchen, tobender Destruktion und einer absoluten Miþachtung des Individuums in Kombination mit einem schwelge- rischen Selbstmitleid ('Why me?'), zusammen. In dieser d¸ste- ren Landschaft taucht pl–tzlich ein rasender Massenm–rder - der Racheengel eines unergr¸ndlichen Ungerechtigkeitsgef¸hls - auf, der sich an Diskobesuchern und Polizisten austobt. Dieser Terminator erweist sich als Infiltrant des Unmenschlichen, ein d¸steres Subjekt, das von einem irreduziblen Trieb gef¸hrt wird, eine Mission oder Obsession auszutoben. Der Massenm–rder ist die Personifikation der Apokalypse, der Botschafter, der von Jenseits des Kalten Krieges kommt. Er ist der Atomkrieg mit menschlichem Antlitz. Jeder Passant k–nnte sich als Atombombe auf Beinen entpuppen. Diese permanente Kri- tik verweist auf die Gestalt eines Terroristen, der als einzi- ger w”hrend der Inertie des Kalten Krieges noch politisch ak- tiv war. Zwischen Vietnam und Irak, der l”hmenden Phase der amerikanischen Geschichte, war jede soziale Bewegung ver- schwunden und ¸berlebten nur die survivalists, die ihre K–rper abh”rteten. Sie w¸rden ¸ber die Zukunft entscheiden. Mitte '91 zeigt 'Terminator 2' das Ende des Kalten Krieges, indem er mit Bildern des bombardierten Staus n–rdlich von Ku- wait beginnt, dem letzten Vernichtungsschlag vor der deadline von Desert Storm. Das Drehbuch schrieb Cameron nach dem Fall der Mauer, aber noch vor dem Auseinanderbrechen der UdSSR. Die Vorbereitungen und Aufnahmen verliefen parallel zu den unterschiedlichen Phasen des Golfkrieges, der die milit”rische Inertie, die den Westen in den Achtzigern so gel”hmt hatte, durchbrach. Breakthrough as breakdown. Als der Weltkrieg end- lich ausbrach, f¸hrte er nicht zur Apokalypse, sondern zum Ausrotten einer ¸berf¸llten Autobahn. Die verstopfte Autobahn gen Zukunft stand voller Rostm¸hlen, die aber f¸r eine neue Zukunft abger”umt werden konnten. Der Kalte Krieg hatte ein Chaos zur¸ckgelassen, war aber vorbei. James Cameron l”þt sich die Aufr”umaktion im Unterbewuþtsein seiner Vertreterin des Achtzigerjahregef¸hls, Sarah Conner, abspielen. Ihre Angst und Sehnsucht nach dem definitiven Atom- krieg wird heftig wie nie zuvor dargestellt. Cameron wendet jede special-effect Technik an, um Los Angelos von der Atom- bombe vernichten zu lassen und ¸bertrifft damit alles, was 'Der Tag danach' je h”tte zeigen k–nnen. Der Knall fegt H”u- serreihe nach B¸roturm weg und die Strahlung haut buchst”blich das Fleisch von den Knochen. Der Atomkrieg ist jetzt aber ein Alptraum geworden, eine Vision aus der Vergangenheit, ein dÈ- ja-vu einer Privatperson. Sarah sieht in ihrem Alptraum die (Film)Bilder aus den achtziger Jahren zur¸ckkehren und erin- nert sich somit an ihren Auftrag. Gleichzeitig aber wird in diesen Szenen klar gemacht, daþ der survivalist eine veraltete Gestalt ist. Sie wird von ihren Neurosen eingesperrt in dem terroristischen Adagium, daþ man durch einen Mord die Zukunft positiv beeinflussen kann. Der cocktail von Apathie und Tob- sucht, der das Ende des Kalten Krieges gekennzeichnet hat, wird in Sarah Connor zum Gipfel gef¸hrt und ¸berwunden. In der Zukunft des T2 ist es mittlerweile zwei Jahre sp”ter geworden(2029)und haben die Maschinen, die die Macht aus¸ben, eine verbesserte Generation terminators als Nachfolger des Mo- dells aus T1, entwi. Das Modell cyborg ist von den k¸nf- tigen Guerilleros erobert worden, die ihn neuprogrammieren und zur¸ckschicken, um den 12 j”hrigen John Conner vor dem termi- nator der neuen T-1000 Generation zu besch¸tzen, der von den Maschinen in die neunziger Jahre geschickt worden ist. In T1 wurde aus der Zukunft ein Mensch zur¸ckgeschickt, der den Ma- schinen widerstehen sollte, in T2 ist der Schutzengel selbst ein technisches Ger”t. Das ist eine logische Fortsetzung. In T1 stellte sich heraus, daþ der terminator nicht von Menschen zerschlagen werden konnte, sondern nur von einer Maschine, einer Stahlwalze. Auch in T2 gilt f¸r die Technik das Gebot:Maschinen seit ihr und durch Maschinen werdet ihr sterben. Nur, in T2 ist ihr Kampf nicht mehr unser Kampf. Nach dem Kalten Krieg ist die mensch- liche Entscheidungsgewalt in die Geschichte zur¸ckge- kehrt und zeigt der Faktor Mensch einige Qualit”ten, die den perfektesten computern fehlen. Der Mensch, laut Cameron, verf¸gt ¸ber eine Moral, die als Steuerprogramm viel raffinierter ist als die k¸nstliche Intel- ligenz einer Maschine. Wieviel ein neutrales Netzwerk auch lernen kann, bis zum Selbstbewuþtsein, es kann nie verstehen, daþ es zwischen Himmel und Erde mehr gibt als Information und Kommandos. Die allgemeinmenschliche Moral bei Cameron ist :du sollst nicht t–ten, aber vernichten. Was zerfetzt werden muþ, ist das Zukunftsbild. Durch ihre Moral kann die Heldin sich selbst neuprogrammieren, dazu sind die terminators nicht f”- hig. Das Programm der achtziger Jahre, das das Verhalten der Sarah Conner immer noch steuert, wird von ihr neugeschrieben in dem Moment, als es sie dazu zwingt, ihre Moral zu ¸ber- schreiten(und einen Menschen zu t–ten). Diese Moral ist eine Art Metaprogramm, das ¸ber die Machbarkeit der Kommandos ent- scheidet und genau die Funktion, die den Menschen von den Ma- schinen unterscheidet:das r”tselhafte Verm–gen, Entscheidungen treffen zu k–nnen, die nicht zu argumentieren, aber zwingend sind. Man nenne es 'Respekt, Dankbarkeit, Liebe'. Die Schluþ- bilder des Golfkrieges, mit den Cameron seinen Film er–ffnete, waren eine Anklage gegen die Gegebenheit, daþ die amerikani- sche Regierung schon seit Jahren dabei war, die gerade erst erworbene, konstruktive Stimmung der neunziger Jahren zu ex- terminieren. Camerons Geschichtsphilosophie faþte er zusammen in der These des Botschafters aus dem 21. Jh. :"There is no fate but what we make for ourselves. "Das Verm–gen der Moral, die r¸ck- sichtsloseste Logik und Strategie durcheinanderbringen zu k–n- nen, f¸hrt zu dem neuen Zukunftsbild, das am Ende des T2 be- k”mpft wird:die Ungewiþheit ¸ber das, was kommen wird. "The unknown future rolls towards us". Der Terminator, der den jun- gen John Connor besch¸tzen sollte, schafft es, den neuen gene- ration-terminator zu besiegen, indem er ihn in einen Beh”lter Fl¸ssigstahl schieþt. Dann vernichtet er sich selbst, um vorzubeugen, daþ Wissen- schaftler die zuk¸nftigen chips in seinem Zentralrechner fin- den werden. Dieser chip war aus den Resten des T1 heraus ge- holt worden und w¸rde, nach Entzifferung, zu einer Zukunft gef¸hrt haben, in der die Maschinen die Macht ¸bernehmen und einen Atomkrieg ausl–sen w¸rden, um zu verh¸ten, daþ die com- puter von den Menschen vernichtet werden w¸rden. Nach der Ver- nichtung dieses Chipzeichens sind die Menschen wieder unter sich. Cameron l”þt Sarah Connor, nach den Worten ¸ber eine unbekann- te Zukunft, sagen:I face it for the first time with a sense of hope, because if a machine, a terminator, can learn the value of human life, maybe we can, too". Die Lehre der Maschine f¸r die Menschen lautet:macht was ihr wollt, wir tun es nicht f¸r euch. In T1 besiegen die Maschinen den Menschen, in T2 l”þt die Ma- schine den Mensch gewinnen. Die Maschinen sperren den apoka- lyptischen M–glichkeitsraum in die Zukunft ab (den sie selbst ge–ffnet hatten) und geben dem Menschen eine Menge Wahrschein- lichkeitsr”ume im Jetzt wieder zur¸ck. Damit ist alles wieder m–glich und gibt es keine feststehenden Szenarien mehr. Das Zukunftsbild ist nicht l”nger Teil einer Abschreckung. Die Welt nach der nuklearen Option ist die Welt nach den Me- dien. Weil die Medien von Anfang an ihr Schicksal mit dem Ver- lauf des Kalten Krieges verkn¸pft haben, haben sich, nach des- sen Ende, auch die medialen Optionen in Rauch aufgel–st. Das Fatum, das die Medien f¸r die Menschen in petto hatten, biegt sich zur¸ck zu den Medien. Die Zukunft –ffnet sich f¸r poten- tielle Medien. SELBSTREZEPTION Die Spekulation f”ngt jenseits des Nullpunkts der Bedeutung an. Wenn Worte von der B¸rde der Information, die sie mit sich mitschleppen m¸ssen, befreit werden, geraten sie in Extase und gehen auf Erkundung. Sobald sie den eigenen Weg gehen, k–nnen sie jeder Logik folgen und an jeder Information, mit der sie mal befrachtet werden, antizipieren. Die Spekulation mit der Sprache folgt dem Satz:Vorbeugen ist besser als dekonstruie- ren. W”hrend der Arbeitszeit der Bilwetoptionsb–rse werden Be- griffe, Daten und unvermeidbare Situationen auf einem m–gli- chen Fluchtpunkt in der Zukunft kurzgeschlossen. Bei Operatio- nen jenseits der Zukunft vergiþt der Bilwetspekulant jeden existierenden Lesermarkt. Die Wucherung der Worte ruft ein Chaosfeld hervor, in dem der Text seinen fatalen Kurs be- stimmt. Dabei hat jeder das Nachsehen, inclusive die Mischer selber. Die Spekulationspraktiken operieren in dem Vakuum, das der Hang nach Texterneuerung nicht hat auff¸llen k–nnen. Die Ko- lumne kann der gerechtfertigten Sehnsucht nach der reiþerischen Gewiþheit des Pamphlets nicht gerecht werden und ebenso wenig den vorsichtigen ÷ffnungen, die das Essay bieten kann. Es gibt Theorien, die die akademischen Referate und journalistischen Impressionen leid sind und die einfach mal den Geist l¸ften wollen. Diese favorisierten und gem”chlichen Ideen k–nnen v–llig aus dem H”uschen geraten, wenn sie aus Versehen in einer Bilwetschen Argumentation landen. Jeder Satz ein offenes Ende - das reinigt nicht die Gedanken, sondern sie drehen durch. Die Experimente mit Worten im 20. Jh waren Entdeckungsreisen ins Innere der Sprache und kommen immer noch gut auf T-Shirts. Die Spekulation jedoch sucht den ”uþeren Rand der Sprache, da, wo die Schatten von Anderswo lesbar werden. Da befinden sich auch die 'zones of neglect', wo der Schmutz sich h”uft, vage Ger¸chte kursieren und das Gesocks herumlungert, Komplotte schmiedet und an Spielautomaten wichst. Es wird gespielt, in der Hoffnung, daþ die richtige Kombination von Diskurse den gewinnenden Satz liefert und anschlieþend wird der Gewinn sofort wieder f¸r neue Spekulationen eingesetzt. Im Endeffekt kostet das Schreiben Bilwet nur, wie bei den Spiels¸chtigen. Bilwet benutzt anonyme Informanten. Das ist nicht wegen einer Neigung zur Geheimniskr”merei. In den Medien braucht Text kei- nen Kontext. Das erschwert den Informationsgehalt nur. Wenn das Zitat einmal aus seinem Zusammenhang gerissen worden ist, wachsen aus den Textresten Zauberformeln:implodierende Univer- sen, die nicht mal mehr entfaltet werden. Die Zauberformel ist keine Konsequenz der Reduktion durch Datenkompression. Sie ist kein Ðberbleibsel, das zur¸ckbleibt, wenn alle ¸berfl¸ssi- gen Umschreibungen gestrichen worden sind. Das keyword leuch- tet im Text auf. Es l”dt nicht zu historischer Hermeneutik ein, sondern verschiebt das Schreiben in die Zukunft. Es gibt ein bestimmtes Vergn¸gen ¸ber die Nachfahren, die die Schrift entschl¸sseln d¸rfen - darum geht es hier nicht. Exe- gese von compact text f¸hrt schnell zum overload, dem Problem der kontempor”ren Textproduktion schlechthin. Spekulation sucht nicht die Qualit”t oder Quantit”t, sondern das Erstaunen ¸ber das Jetzt oder Nie der jam session der Abhandlungen. Man wird davon nicht reicher oder weiser, eher ”rmer, da die zu- f”llige Ansammlung von soz/pol/kul/–ko/hist Ballast, w”hrend des Instantkonsums von Bilwetprodukten, zerschmettert wird. Gr–þere Zusammenh”nge, Epochen, Entit”ten, Themen, Moralit”ten und Weltproblematiken verschinden wie Schnee vor der Sonne. Morgen w¸rden wir das Gegenteil behaupten. Die unertr”gliche Leichtigkeit der Medien muþ nicht von emsigen Archivarbeiten kompensiert werden. Bilwet artikuliert nicht die Angst, der Text l”ge in den letzten Z¸gen, sondern ge- steht erfreut ein, daþ die Medien gesiegt haben. Der alt- modische Text ist damit endlich aus der Verpflichtung entlas- sen, etwas gr¸ndliches darstellen zu m¸ssen und darf unm–glich werden. Die Heilige Schrift ist Spielzeug geworden seit die Weltsprache Bild statt Wort geworden ist. Die planet”ren Ver- bildlichungkampagnen folgen dem bekannten Weg der Krise, Krieg und Katastrophen, um die Gemeinde davon zu durchdringen, wie- viel Wichtiges es auf der Welt zu sehen gibt. In dieser Bild- kultur darf der Text eine unterst¸tzende Funktion einnehmen. Als Untertitel oder Abspann ist er zur Seite gedr”ngt worden und in die Bildsprache des clips darf er im Zentrum als rhyth- mischer Blickfang aufflackern. Die unm–gliche Theorie konkur- riert nicht mit diesen Medien, um ein Publikum anzuziehen, sondern l”þt sich von den Medien diktieren, ohne die sie nicht auskommt. Das Material der Welt ist endlos, die Ideen sind beschr”nkt und fl¸chtig. Das Formulieren von Bilwettexten ist Geduldsarbeit im Hinblick auf die Dimension der Datenkommunikation. Obwohl das Aufzeich- nen vorzugsweise in einem Ideenrausch geschieht, scheint die Produktionszeit unendlich lang zu sein. Nicht weil eine gedie- gene Forschung stattfindet oder weil die definitive Version solange auf sich warten l”þt. Streichen, neuformulieren, kor- rigieren, oder besprechen ist bei den Bilwetern besonders un- beliebt und passiert nur unter Strafandrohung eines neuen Tex- tes - 'es ist ja nur Text'. Satanische Verse sind uns keinen Krieg wert. Worte sind Dinge, Brillen, mit denen man sich die Welt anschauen kann und Augen brauchen lange, um sich auf neu- en Linsen einstellen zu k–nnen. Bilwet arbeitet nur f¸r tr”ge Medien und sieht ihre Texte, nach einer deadline von Monaten, erst ein halbes Jahr sp”ter wieder (oder nicht). Dann sch- auen wir aber schon l”ngst durch eine andere Brille. Der Biltext ist schwierig, aber f¸hrt nie zu Miþverst”ndnissen bez¸glich der Zul”ssigkeit der Aussage. Der gef”hrliche Text ¸ber das riskante Objekt hat hier ausgespielt und ist ausge- sperrt. Bilwet hat eine warme Zuneigung f¸r alle Tabus der Welt, aber kein Bed¸rfnis, sie zu durchbrechen. Der offene Flirt mit- oder das nochmals Ðberarbeiten von- Gedanken der ber¸chtigten zwanziger und dreiþiger Jahre, die die Grenzen, Tiefen und H–hen des Daseins im Zeitalter der Technik auskund- schafteten, hat nicht ihr Interesse. F¸r Bilwet f”ngt die Welt ab '45 an. Der t–dliche Stachel ist aus dem Text herausgeholt worden und kann nicht wieder hineingef¸gt werden. Diese Konstatierung geht jedem Bilwettext voraus. Der Autor Bilwet ist von jeher ein third mind:zwei Jungs und eine Schreibmaschine. Der Ankauf eines PC hat wenig an dieser Haltung ge”ndert. Ein Biltext kann nicht von einem Autor for- muliert werden, sondern braucht mindestens zwei, manchmal auch vier oder mehr Mitarbeiter. Der zusammen erstellte Text ist keine Addierung von Individuen, sondern etwas v–llig ande- res, eine Ballung von Erkenntnissen und Ausrutschern, auf die ein einzelner Bilweter nie gekommen w”re. Die Teile des imagi- n”ren Gesamtautors nehmen ihre Daten mit und h”ngen sie hartn”ckig an kleinen Ÿrgernissen auf, um Bilwetm”þigkeiten formulieren zu k–nnen. Mittels der Anwesendheit von Mehreren werden Vorurteile und Kleinkariertheiten gegenseitig gel–scht und bleibt den Biltext 'observations as ideas'. Bilwet ist ein bewuþtseinserweiterndes Mittel. Der Autorname ist kein Pseudonym, sondern bedeutet eine fr–h- liche Methode, einen Kurzschluþ, ein Telefongespr”ch. Bilwet ist sowohl muntere Theorie, als auch ein 'happy writer'. Es ist keine Gruppe, Bewegung, Syndikat, Kommune, oder K–rper- schaft, obwohl es im Deutschen Sprachraum merkw¸rdigerweise eine Agentur ist. Von Anfang an ist es eine Stiftung in Aufbau gewesen. Bilwet kennt keine Mitgliedschaft oder Donateure, hat aber einen ambulanten Botschafter, ein Ehrenmitglied h. c. und einen po- litischen Kommisar. Ohne Interesse an den gegenseitigen, be- sonderen Perspektiven, l”dt jeder dasjenige ab, das er zuf”l- ligerweise dabei hat. Egal, wer oder was hereins bei einem Biltext in progress hereinschneit. "Manchmal werde ich von dritten angerufen, die sagen, hast du dies oder jenes gesehen oder gelesen, das w”re doch total bil- wetm”þig, aber dann finde ich dies oder jenes gar nicht, weil weit jenseits jeder Bilwetm”þigkeit. Meist. Auch habe ich die Idee, daþ Bilwet oft als Signal, Hupe, Wachhund verstanden wird, aber, obwohl wir beiþen, hupen wir weder, noch bellen wir. Bilwet fragt sich bei der Behandlung der Medien nicht, wie man eingeweiht werden k–nnte, sondern wie man ausgeweiht werden kann. Der Text schreibt sich selbst nicht weiter, weil er st”ndig von Assoziation zu Idee zu Info zu Deduktion zum n”chsten Satz schaltet, sondern weil er abkoppelt, Br¸che in Gedanken, Denkunf”lle und Diskontinuit”ten verursacht. Beim Schalten gilt die Regel:aus dem einen folgt das andere, beim Abkoppeln: nach dem einen etwas ganz anderes. Es geht nicht um Tiefe, sondern um Spannung. Die Analyse will keine Verbindun- gen herstellen, sondern unterbrechen. So entstehen textuelle Reibungen, miþlungene und gelungene Witze. Begriffe, die sich voneinander distanzierten, prallen aufeinander. Beim Schrei- ben-in Unterbrechungen verl”uft die rite de passage in entge- gengesetzte Richtung:von eintreten zu breittreten. Bilwet hat sein Ziel erreicht, wenn die allgemeine Haltung wird:'ach was, blabla, its only Media' (and I like it). Das Ziehen und Zerren am Begriff 'Medien' ist eine dankbare Besch”ftigung. Medien sind ein container von unerahnter Gr–þe. Es scheint, als ob die ganze Welt umfaþt werden k–nnte. Die Medientheorie unternimmt eine Expedition, um an der Kante des medialen Planeten abzust¸rzen, obwohl sie weiþ, daþ er rund ist. Es zeigt sich als M–glich, die mediale Allmacht zu verneinen, indem man sich ins Auþererdische begibt. "We are here to go". Die Medien sind kein primordial uncarved block, die Oberfl”che zeigt Risse, Muster. Die Alienperpektive zeigt sie. Die Medientheorie entziehtihre Energie und Baustoffe den Me- dien. Sie will keine Symbiose, sondern will als schmarotzer- hafte Theorie ihr Objekt aussaugen. Einsatz ist nicht das Hei- len der Verbindungen, die R¸ckkehr in die Gemeinschaft, die Wiederstellung des Zwischenmenschlichen, oder der Wiederaufbau des abgenutzten K–rpers. Man kann keine positiven Ziele ent- decken. Medientheorie ist fatal f¸r die Medien.