DIE KUNST DES ENGAGEMENTS "Freudig gesellt sich der Gute zum Rausche des Guten." Adrien Turel Die Frage des Engagements ist die Frage nach Rausch in der Politik. Mittels medialer Unterk¸hlung von heiþen Ph”nomenen in den achtziger Jahren verschwand dieser Zusammenhang aus dem kollektiven Bewuþtsein (wenigstens im Abendland). Das nat¸rli- che Bed¸rfnis, gemeinsam ausbrechen zu wollen, war seit den siebziger Jahren vom establishment marginalisiert, privati- siert und kriminalisiert. Die Idee, man k–nne politisch moti- viert auþer Rand und Band geraten, wurde, in Zusammenhang mit dem aufbl¸henden Antifaschismus und Antistalinismus an die schlechten Erfahrungen gekoppelt, die man damit w”hrend der Vorkriegszeit hatte. Politisches Engagement durfte zu Besorgt- heit f¸hren, aber nicht zu Raserei. Die Straþe als B¸hne f¸r das aufregende absurde Leben wurde gleichzeitig f¸r die folk- loristische Atmosph”re des Gesch”ftsverkehrs neuprofiliert. Unter dem Einfluþ der Friedensbewegung wurde die Demonstra- tion, als M–glichkeit zur St–rung der Ordnung, zu einer w¸rdi- gen Best”tigung der Identit”t und des b¸rgerlichen Daseins neutralisiert. Seit der Spieþer auf Demo geht, ist es vorbei mit der kreativen Gewalt und gezielten Zerst–rungsaktionen. Die selbstverst”ndliche Kombination von bewaffnetem Widerstand und Drogen, die die sixties so lustig machte, wurde in den eighties von den linken Ideologen aus der Geschichte entfernt, um einer verantwortungsvollen Version ihres zehnj”hrigen Heck- mecks Platz zu machen. Die arrogante Attacke der langm”hnigen Gammler gegen die Autorit”t wurde mirabile dictu zu gutge- meintem Beitrag am Gemeinwohl des Volkes neugedeutet. Das st–- rende Element sah sich somit zu einer sinnvollen Phase der Emanzipation und des Bewuþtwerdungsprozeþes runtergestuft. Die fr¸heren Feinde der Menschheit wurden zu Bef¸rwortern der Men- schenrechte, die in einer politisch machbaren Sozialstruktur gestaltet werden sollten, verwandelt. Die Idee der Politik als destruktives Moment innerhalb der V–lkergemeinschaft wurde so sehr verdr”ngt, daþ alle Kritik konstuktiv sein muþte. Die herben Auftritte der zerst–rungslustigen Idealisten wurden als H¸rden in den Verhandlungen ¸ber Subventionen zur Seite ge- schoben. Daraufhin zog der Rausch sich aus der b–sen Welt zur¸ck in den Kreis des Privatlebens und fragmentarisierte. Bildeten die biologische, chemische und technologische Extase vorher ein unentwirrbares Kn”uel von Trieben, Taten und ideologischem Rausch, verloren sie jetzt jeden Zusammenhang. Das 'stoned in thestreet' der happenings wurde zum Wochenendrausch. S”mmtli- che Drogen wurden nicht mehr als gef”hrliche Mischung be- trachtet, sondern durften, von einander getrennt, in der Lea- suresph”re genossen werden, solange sie die Leistungen nicht beeintr”chtigten. Die in der ÷ffenlichkeit gelebte Gem¸tszer- r¸ttung des Straþenjunks war jenseits der Rauschmoral. Auch die Begeisterung, mit der man bis weit in die seventies das politische Dogma als bewuþtseinserweiterndes Mittel genoþ, wurde, in einem pl–tzlich aufkommenden Widerwillen gegen den zwingenden und unterdr¸ckenden Aspekt des politischen Impul- ses, gel–scht. Die ideologische Instanz wurde zu politischem Betrieb dereguliert und die rituale Gestaltung des Politischen wurde bald von den Medien als Vergn¸gungsform ausgeleuchtet. In der Ÿra zwischen punk und yup verwandelte sich die Passion, die Gesellschaft ernstzunehmen, in ein Spiel, in dem die ver- bliebenen Politiker dazu benutzt werden konnten, den Spaþ zu vergr–þern. In den achtziger Jahren kamen die Groþstadtbewe- gungen mit aussichtslosen Forderungen, die sofort befriedigt werden sollten. Manch verwirrte Autorit”t reagierte darauf, indem er die Polizei losschickte. Die Aktivisten konnten zwar Elemente des Straþenvergn¸gens der Vorkriegszeit kurzfristig zur¸ckholen, aber das ideologische Elixier war zu sehr ver- fl¸chtigt, um noch als Aktionssprit n¸tzen zu k–nnen. Um den Begriff 'Politik' war eine solche babylonische Sprachverwir- rung entstanden, daþ sogar das uralte 'nur engagiert mit mir und basta' als Protest zitiert werden konnte. Das Rezept, wie man debattiert, argumentiert, erkl”rt, war verloren gegangen und mit ihm auch die Vorliebe, die Hermeneutik der eigenen Aktion zu treiben. Auch ohne ideologische hype rauscht man angenehm. Die dionysischen Elemente dieser Form der Gesellschaftver”nde- rung waren Lichtjahre entfernt von der dominanten, amtlichen Kunst. Die unb”ndige Aktion enthielt noch ein Echo des Zusam- menhangs von radikaler Negativit”t und Morgenrot, aber die Ak- tiven hatten keinen Bock mehr, als bona fide Erblasser der westlichen Zivilisation aufzutreten. Wenn es darauf ankam, hatte niemand einen Draht zu Marx, Bakunin, oder Sartre. Die Kunst hatte sich schon viel fr¸her mit dem guten Geschmack, der von Wort und Bild fordert, daþ sie deregulieren, aber nicht zerst–ren, abgefunden. Regierung und Parlament setzten diese k¸nstlerischen Strategien in ein Programm der sanften Deregulierung des gesellschaftlichen Verkehrs um. Dieser Trieb der Deregulierung gab der Politik soviel Schwung, daþ man Pro- test und Widerstand der K¸nstler und Schauspieler nicht mehr brauchte, um die Staatsf¸hrung lebendig zu halten. Der Schock des Genusses, des Neuen, der Unterbrechung und der Best¸rzung, der traditionell von der Kunst hervorgerufen wird, wurde aus der Zeitordnung ausgesperrt, in der ihm eine Ener- gieexplosion, die die Emp–rung in Konfrontationen mit politi- schen Folgen umsetzt, folgen k–nnte. Jeder k¸nstlerische An- satz zu B–sartigkeit versank in das bodenlose Faþ der medialen Amnesie. Der gesellschaftliche Trieb der Metamorphose konzen- trierte sich auf den n”chsten zusammengew¸rfelten, mafia”hnli- chen Haufen von Debutanten, um sich der vorherigen Welle jun- ger Talente noch erinnern zu k–nnen. Der Glaube in auf einan- der folgende Str–mungen, Generationen und Epochen erlaubt es den kulturellen Projektmanagern immer wieder, etwas Neues in Kultur und Politik zu entdecken. Wenn man schon einen Konflikt in der Sph”re der kleinen Maximalit”t witterte, war das nettes Material f¸r eine Diskussionsreihe, um das eine oder andere wieder ins Lot zu schw”tzen. Das war alles, was blieb von den guten alten Ecken und Kanten, an denen man sich so leicht ver- letzt und aus dem 20. Jh eine so herzergreifende Zeit gemacht hatte. Ende der achtziger Jahre kapierte das Publikum, wie entertain- ment funktioniert und entschied sich daf¸r, selbst interaktiv zu werden. Das willk¸rliche 'rauf und 'runter gehenlassen von Umfragen war eine Weile Quelle des Vergn¸gens, es wurde aber erst recht lustig, als die W”hler die Wahlen als Aktionsform gegen die Politik benutzten. Bei jeder Wahl wird ein willk¸r- licher Teil der Wahlberechtigten vom Trieb ¸berfallen, hinzu- gehen(oder nicht) und anschlieþend massenweise den falschen Kandidaten zu w”hlen. Jeder, der auch mal mitreden m–chte, riskiert einen gnadenlosen Reinfall in Form einer Mitglied- schaft des Parlaments oder einer Untersuchungskommission. Das pro Wahlgang Explodieren- oder Implodierenlassen einer Partei schafft Raum f¸r Dilletanten, um ihre Showkapazit”ten auf ei- ner B¸hne zu entwickeln, die zu lange von einem abgetakelten Variete besetzt wurde. Die heftigen Versuche von Kommentato- ren, irgendwie einen Inhalt im polymorphen Wahlverhalten zu entdecken, sind selber auch part of the fun. Die Idee, das Volk mittels politischer Manipulationen durch eine Ansammlung von Normen und Werten ersetzen zu k–nnen, ist out. Die Frage nach Engagement ist die Sehnsucht nach Anschluþ an Macht. Derjenige, der sich in diese Frage verstrickt hat, ste- ht an einem Scheideweg. Wer schon Zugang zur Macht hat, muþ sich nicht mehr gesellschaftlich zur Schau stellen. Wer Kon- takt mit dem Thron vermeidet, heiligt sich als autonomen K¸nstler und verliert sich im Material. Der dritte Weg will von allem ein biþchen und begibt sich damit st”ndig in Proble- me:engagiert sein wollen impliziert, daþ man es nicht ist. Nachdem die dritte M–glichkeit gew”hlt worden ist, zeigt sich das Erhabene als versiegt und auf der Suche nach neuen Quellen der sublimen Energie. Der K¸nstler meint, diese finden zu k–n- nen, indem er die Debatte in der kommunikativen Sph”re, an der auch die Politik gern teilnimmt, in Gang h”lt. Unfaþbare Men- gen einerseits- andrerseits Weisheiten werden in die Welt ge- schickt und h”ngen wie ein dichter Nebel vor jeder inspirie- renden Feindbestimmung. Urspr¸nglich hatte der Begriff 'Engagement' gar keine metaphy- sischen Konnotationen und bedeutete einfach:'verpflichten, un- ter Vertrag nehmen, besonders von K¸nstlern, zum Tanz auffor- dern, anstellen eines K¸nstlers, in Gage nehmen. 'In K¸nstler- sprache bedeutete es 'Kontrakt mit dem Herrscher', damit im Tausch gegen bare M¸nze, Kunstst¸cke vorgef¸hrt werden k–nnen. Diese unproblematische Beziehung mit dem groþen Geld gibt es bis heute bei Popmusikern, die sich von Colas gewaltig subven- tionieren lassen und gleichzeitig f¸r ein ausgetrocknetes Afrika swingen. Erst die erzwungene Stillegung der H–fe und ihrer Neuer–ffnung als Museum hat aus dem K¸nstler einen Selbst”ndigen gemacht. Manchen gings dabei gut. Andere sahen sich gezwungen, ihre Ar- beitslosigkeit in Form eines Bohemiens positiv zu gestalten. Die Verelendung, die lauerte, wurde von diesem Verein beschworen, indem er sich eine gesellschaftliche Rolle zu- schrieb. Der verlorene Berufsstand witterte neue M–glichkei- ten. Als wahrer Vortrupp projizierte er den Zeitgeist in die Zu- kunft. Der –ffentliche Sozialismus l”þt sich als Wiederein- stiegsprojekt ¸berfl¸ssiger Fachkr”fte neuinterpretieren. Manch organischer Intellektuelle sah sich dazu gezwungen, die schnelle Ðbernahme der Klassenmacht durch die Enterbten zu predigen, weil er erkennen muþte, daþ er sonst sein Engagement vergessen k–nne. Die intensive Aufmerksamkeit f¸r die soziale Frage wurde ausgel–st, weil sie sich als etwas von einer ande- ren Welt pr”sentierte. Die Wahl des Wertlosen erwies sich als vern¸nftige Methode, um die eigene Entfremdung los zu werden und die Inspiration wieder anzukurbeln. Im 20. Jh war politi- sches Engagement ein goldener Griff f¸r die Kunstproduktion. Eine aufsehenerregende Bewegung wie der Modernismus, der die riesigen Katastrophen so pr”chtig eingerahmt hat, hat das dankend ausgenutzt. In den sechziger Jahren ist die Formel der Politik verloren gegangen, sie ist ¸bergegangen in das Politische, das alles umfaþt. Die Staatsintervention hat sich auf ein Gebiet bege- ben, auf dem sie bis dahin auþenvor war und damit entsteht die Erkenntnis, daþ etwas politischer ist, wenn es pers–nlicher pr”sentiert wird. Das f¸hrt zu einem ungehemmten Wildwuchs des Engagements. Frauen, Schwule, Ausl”nder, Verr¸ckte, Knackis werden als Minderheit neudefiniert und artikulieren sich so- fort mittels engagierter Studenten und K¸nstler. Der Interes- senkampf war f¸r sie eine M–glichkeit, ihrer Jugend zu ent- fliehen, die sie in den Trabantenst”dten, die die Modernisten damals wohlmeinend konzipierten, verbracht hatten. Als die Philosophen dann aber entdeckten, daþ man nicht f¸r andere sprechen darf und die anderen daraufhin selbst zu Worte kamen, war es vorbei mit der zweiten Welle des Nachkriegs-, politi- schen Engagements. Die erste Welle war die der existentiali- stischen Antikolonialisten. K¸nstler bekamen ab '80 den gutbezahlten Job zugewiesen, die Politik als Medienspektakel zu entfesseln und zu begleiten. Gleichzeitig wurde w”hrend des Aufschwungs der B–rse und der Narkotikadollars die Kunst radikal neubewertet als Spekula- tionsobjekt. Das hereinstr–mende, ¸berfl¸ssige Geld entfachte bei den Kunstmanagern einen reinen –konomischen Rausch. Macht und Kunst hatten sich gegenseitig, ¸ber die Mechanismen des freien Marktes, wieder etwas zu bieten, unter der Vorausset- zung, daþ die Gegenseite als wichtig anerkannt wurde. Engage- ment, als Verbindungsst¸ck zum Willen zu einem Kunstwerk das noch realisiert werden muþ, wurde ersetzt von dessen schwin- delerregendem, k¸nftigem Erfolg, der kommen w¸rde. In dieser hype konnten K¸nstler sich nur noch im Rahmen des Kunsthisto- rischen verstehen, in dem den Investoren der (Markt)Wert vor- gerechnet wurde. Die Kritik wurde zu serious business. Die R¸ckkehr der Frage nach Engagement, die in den fr¸hen neunzigern auftaucht, steht im Zeichen des definitiven Unter- gangs des kritischen Engagements der '68er, das sein Hoch in der konzeptuellen Kunst hatte. Die ernsthafte Gedankentiefe des Konzepts war nach zwanzig Jahren Ablutschen dermaþen ab- surd geworden, daþ es an sich schon humoristisch war. Was Ende der achtziger im Schatten des Konzepts ¸brigblieb, war das skurrile Bild, das unmittelbar ankam, keine Tiefe vort”uschte und keinen Kommentar brauchte. Die Entstellungen, unangebrach- ten Zitate, subtilen Banalit”ten, handwerklich gediegen ausge- f¸hrt, lieferten einen lustigen Kommentar auf die knallharte Realit”t, (daneben) gezielte Thesen und obz–ne Extrapolationen den wilden Stil. Diese Kunst konnte und wollte nicht Teil ei- ner Bewegung sein und war den Launen der Kunstmafia ausge- setzt. Um sich hiervon loszul–sen, w”ht der nineties K¸nstler das Medium der individuellen Aussage, das sich nicht an Mei- nungsmachern wendet, sondern ans Publikum. Diese Wende zur Welt, die sich von der E-Kunst abwendet, heiþt ab jetzt Enga- gement. Der Bruch mit dem festgefahrenen und veralteten Enga- gement der sixties ist an sich schon Zeichen des individuellen Engagements, das sich diesmal vom Kunstbetrieb an sich abwen- det. Das Kunstst¸ck will keine radikale Negativit”t verk–r- pern, sondern eher eine gem¸tliche Positivit”t, die als 'das Sch–ne' publikumsfreundlich ist und als 'statement' inzestu–s mit Kunst kommuniziert. Die Frage nach Engagement wird hiermit nicht beantwortet, h–chstens angekurbelt. Die Formulierung der Frage scheint schon ausreichend zu sein, um den Eindruck zu erwecken, es komme etwas Neues. Der ¸bergreifende Zusammenhang, in dem das engagierte Kunstwerk funktionieren k–nnte, wird nicht ange- strebt. Die Kunst will nicht mehr auþerhalb der Gesellschaft stehen, sondern mittendrin. Um das erreichen zu k–nnen, muþ das Kunstwerk 'normal' werden, dessen Sch–pfer darf sich mit dieser Haltung als 'engagiert' bezeichnen. Der K¸nstler schiebt seine Passion als Medium zwischen Engagement und Nor- malit”t. Obsession ist der neue Ausgangspunkt, die politische Maschinerie wird als bekannt vorausgesetzt. Das Wissen um das gesellschaftliche Bestimmtsein der individuellen Obsessionen f¸hrt zu der Strategie, daþ die Ergebung an diese Obsessionen an sich schon Konflikte hervorruft und damit engagiert ist. Der Diskurs des Engagements endet in dem Moment, in dem das Intervall verschwindet:das zwischen K¸nstler und Publikum, zwischen Publikumssegmenten, zwischen K¸nstlern untereinander. Jedes Pl”doyer f¸r Engagement ist deshalb ein Aufruf zur Wiederherstellung der Entfremdung. Kein Medium muþ dabei unbenutzt bleiben. Der sadistische K¸nstler befrachtet sein Publikum mit zwingen- den Idealen. Daþ die Masse es hinnahm, daþ die K¸nstler sich vor den politischen Karren spannen lieþen, ist verwunderlich. Der sadistische K¸nstler, der im Pr”millenium als Gastalt er- scheinen wird, kennt die biosozialen Reaktionen beim Sehen des Anderen und m–chte dieses sakrale Wissen schamlos benutzen, um seine Leser zu verkohlen. Die Gestalt des sadistischen K¸nst- lers erscheint in einer Ÿra des Hyperrealismus und erkl”rt dem Detail und dem Wissen, daþ der Einzelne und sein Gesamtwerk nie mehr werden als ein item, den Krieg. Die Sicherheit, zu 'faits divers' verurteilt zu sein, macht ihn fuchsteufelswild. In seinem Aufstand gegen Simulakra bekommt er die wildesten Visionen. Einmal befangen vom ¸bergreifenden Zusammenhang, schafft er es nochmals ein 'big picture' zu pr”sentieren, das eine unumgehliche Notwendigkeit ausstrahlt. Seine Inszenierung verk¸ndet ein Element der verlorenen Unschuld, durch das das Kunstpublikum glaubt, man k–nne das 20. Jh wiederholen und daþ Engagement zeitlos ist. In Zeiten der transpolitischen Flaute orchestriert er die Kri- se des Engagements, um Aufmerksamkeit f¸r die moralische Geste des Engagements zu erregen. Dabei wirkt er ganz listig auf Ÿngsten gewisser Kreise ein, demn”chst zu Restaurator, Sonn- tagsmaler, oder Kolumnist heruntergestuft zu werden. Er l”dt ein paar Namen ein, die eine zarte Genialit”t mit einer Offen- heit f¸r alles, was vorbeikommt, kombinieren. Einmal zusammen- gekommen, taucht aus dem kollektiven Unterbewuþtsein eine Ah- nung auf, daþ in vergangenen Zeiten ganze K¸nstlergenerationen mehr aus dem t”glichen Dasein gemacht haben. Die Einladung, selber auch mal eine Engagementprobe zu zeigen, wirkt wie ein Einbruch des Unbekannten. Daþ man die allt”glichen Besch”fti- gungen unterbrechen k–nnte, um eine Fraktion der Zeit einem Subjekt, mit dem man sich bis dahin nicht besch”ftigt hatte, zu widmen, wirkt wie ein Abenteuer. Das Sublime k–dert in der Gestalt einer medientechnischen Kopplung am Mitmenschen. Noch im 20. Jh erreichte man diesen Effekt, indem ein beliebi- ges Aktionsziel zu einem starken Zeichen, das noch vor der Wohnungst¸r in die Tat umgesetzt werden konnte, komprimiert wurde. Der Ðberzeugungsk¸nstler der ersten und zweiten Welle des En- gagements hatte ein Objekt und eine Reihe Argumente, mit denen er seine Dienstbereitschaft f¸r gute Zwecke ausdr¸cken konnte. In der dritten Welle des fr¸hen Fin de Siecle schreitet der sadistische K¸nstler ein window weiter, indem er nicht das Ziel propagiert, sondern das Haben eines Ziels. Seine neue Finte:er profiliert das Engagement an sich als Objekt einer neuen Beziehung mit der Auþenwelt. Er will seine Ideale so leer und mittelm”þig behalten, daþ sein Publikum sie wohl praktizieren muþ. Er will nicht von Anfang an in die Sph”re der Nuance abgeschoben werden, die seinem Extremismus zum Trotz sein Operationsgebiet ist. In einer Welt voller nichts- sagender Meinungen schafft er es, zu einer Stellungnahme zu verf¸hren. Which side are you on:'f¸r oder gegen Engagement?' Genau an diesem Punkt kapitulieren ganze Massen und w”hlen die sichere Seite des allgemeinen Engagements. Ab da sind sie Sklaven des Lebens auf einem Planeten, auf dem man Tag f¸r Tag live an das Elend des Anderen angeschlossen ist. Kritik an der sadistischen K¸nstlerzunft k–nnte sein, daþ sie eine kommunikative Gesellschaft w”hlt, die schon seit langem keinen Bock mehr hat, sich zu artikulieren. Komplottheoretiker behaupten, daþ diese Zunft ein Projekt ist, um mit den letzten unm¸ndigen B¸rgern, die auþenvor geblieben sind, ins Gespr”ch ¸ber ihre Identit”t zu kommen. Das pariert der sadistische K¸nstler mit dem Aufruf, endlich mal wieder Radau zu machen. Er schafft es, den unertr”glichen Zustand, in dem niemand f¸r andere sprechen darf und radikale Vorschl”ge absolut bl–d sind, gegen sich selbst zu stellen. ÷ffentlich gesteht er ein, keine guten Intentionen zu haben, sondern im Gegenteil ein b–swilliges Subjekt sei, das Andere aufpeitschen statt bewuþt- machen will. Er benutzt die Medien, um sie von Dritten zer- st–ren zu lassen. Sein h–chster Genuþ ist der Aktivismus des Anderen.